Evangeliumslesung und Lesepredigt zum Gründonnerstag, den 09.04.20

Evangeliumslesung und Lesepredigt zum Gründonnerstag, den 09.04.20

Markus 14,17-26  Einsetzung des Abendmahls

Und am Abend kam er mit den Zwölfen. Und als sie bei Tisch waren und aßen, sprach Jesus: Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch, der mit mir ißt, wird mich verraten. Und sie wurden traurig und fragten ihn, einer nach dem andern: Bin ich’s? Er aber sprach zu ihnen: Einer von den Zwölfen, der mit mir seinen Bissen in die Schüssel taucht. Der Menschensohn geht zwar hin, wie von ihm geschrieben steht; wehe aber dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird! Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre. Und als sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s ihnen und sprach: Nehmet; das ist mein Leib. Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus. Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird. Wahrlich, ich sage euch, daß ich nicht mehr trinken werde vom Gewächs des Weinstocks bis an den Tag, an dem ich aufs neue davon trinke im Reich Gottes. Und als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.

Selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren. Halleluja!

Predigt

Ich nehme Sie mit auf eine Zeitreise zu dem Vorabend des Passahfestes in Jerusalem vor bald 2000  Jahren. Ich stelle mir vor, wie es damals war. Bewohner von Jerusalem, oder Pilger, die aus Anlass des Passahfestes zum Teil von weit her nach Jerusalem gekommen sind, versammelt um einen festlich gedeckten Tisch – so wie wir heute. In einem geschmückten Raum sind auch Jesus und seine Jünger zusammengekommen. Sie wollen an diesem Abend, wie alle anderen auch, gemeinsam das Passahmahl feiern.

Jesus hat die Rolle des Familienvaters übernommen. Er wird der Tischgemeinschaft Rede und Antwort stehen, wenn sie ihn nach den großen Taten Gottes fragen. Gemeinsam erinnern sie sich an diesen lange zurückliegenden Abend der Befreiung von der Knechtschaft und der Sklaverei in Agypten. Sie erzählen sich die Erfahrungen des Gottesvolkes auf dem Weg durch die Wüste in das verheißene Land, in dem Milch und Honig fließen sollen: Kanaan. Es sind Geschichten, die von den Strapazen der Wüstenerfahrungen erzählen, von dem Ungehorsam der Israeliten und den erlittenen Bestrafungen.

Aber es sind vor allem die Geschichten von dem vergebenden Gott, der sein Volk auch in den Wüstenerfahrungen nicht alleine lässt, sondern sie auf wunderbare Weise nährt und tränkt und sie durch die Gefahren hindurch zu dem verheißenen Ziel führt.

Jahwe, so sein geheimnisvoller Name. Das  heißt nicht umsonst:

„Ich bin, der ich sein werde. Ich  bin mit Euch.“

Passah feiern heißt: Mit Psalmen und Gebeten diesen Gott loben und ihm danken.

Jahwe, oder wie sie respektvoll den Namen Gottes umschreiben: Adonai, das heißt: Herr! Der sie befreit und errettet hat. Anschaulich, zum Greifen nahe werden Gottes befreiendes Handeln und seine Gegenwart durch die Symbole und Zeichen, die zu jedem Passahmahl dazu gehören:

  • Er wird ein Lamm geschlachtet, genauso, wie vor dem Auszug aus Ägypten.

Das Blut des Lammes wird an den Türpfosten gestrichen. Es macht sie  kenntlich als Angehöriges des Gottesvolkes.

  • Es gibt ungesäuerte, flache Brotfladen als Zeichen für die Notration bei der heimlichen Flucht.
  • Salzwasser steht für die Tränen, die geflossen sind.
  • Und bittere Kräuter für die Leiden in Ägypten.
  • Und dann trinken sie Wein als Zeichen der Freude über die Befreiung.

So wird gegenwärtig, was damals geschehen ist:

  • Durch das Erinnern und Erzählen.
  • Durch die Gemeinschaft miteinander.
  • Durch den Geschmack des gelobten Landes auf der Zunge.

Und so bindet das Passahmahl an diesem Abend Jesus und seine Jünger ein: In die Gemeinschaft aller, die sich erinnern und stärken lassen, die dem Reich Gottes entgegengehen, in dem er selbst unter den Menschen wohnen wird.

B

Zugleich erinnern sie sich aber auch an ihren gemeinsamen Weg. Denn für die Jünger ist Gottes Weg  mit den Menschen durch Jesus weitergegangen. In ihm ist das Gottesreich spürbar nah. Als er zum Beispiel den Zöllner und Sünder Zachäus zur Umkehr bewegt hat. Jesus hat gar nicht viel gesagt, nur dass er ihn besuchen möchte. Und Zachäus hat ihn in sein Haus gelassen. – In sein Herz. Und in sein Leben. Denn nun zahlt er denen, die er bei der Steuererhebung betrogen hat, alles vielfach zurück. Wer hätte das jemals für möglich gehalten?!

Oder wie er Menschen geheilt hat. Etwa den blinden Barthimäus. Die Aussätzigen. Die gekrümmte Frau. Unglaublich war das, aber kaum zu fassen. Ein Stück Himmel auf Erden. Sie haben die Kraft Gottes  in ihrer Nähe gespürt und erfahren. Sie hat Gestalt angenommen in Jesus aus Nazareth.

Der Sohn des Zimmermannes Joseph  hat so vielen Menschen einen neuen Anfang möglich gemacht. Er hat ihre Hoffnung genährt – auf ein besseres Leben, ein erfülltes, ein reiches Leben. Er hat ihnen eine Aussicht auf Zukunft eröffnet: auf das Reich Gottes als die letzte und endgültige Erfüllung der Verheißung von einem Land in dem Milch und Honig fließt. Alle diese Erinnerungen, Erlebnisse, Versprechungen und Bilder sind gegenwärtig bei dem letzten Mahl, das Jesus mit seinen Jüngern feiert.

A

Und dann ist Jesus nicht mehr da. Nicht mehr sichtbar in ihrer Mitte. Das letzte gemeinsame Mahl war ein Abschied. Wenige Augenblicke später schon war es vorbei gewesen mit der ungetrübten Gemeinschaft. Jesus wurde gefangengenommen, verspottet, verurteilt und schließlich an das Kreuz genagelt.

Und sie, die Jünger: Enttäuscht und voller Angst hatten sie sich abgewendet, hatten ihn allein gelassen. Sie fragten sich: „Hat uns Jesus etwas vorgemacht? Haben wir uns etwas vormachen lassen?“ Sie fühlten sich betrogen, betrogen um ihre Hoffnung und ihre Träume. Sie waren verzweifelt und von allen guten Geistern verlassen.

Für sie war Gott gestorben.

Drei dunkle Tage folgten dieser ersten Wüstenerfahrung. Drei Tage, die angefüllt waren mit einer Mischung aus Trauer, Enttäuschung, Wut und Angst. Wir wissen als nachösterliche Gemeinde, was dann geschah. Wie sich alles zum Guten wendete. Wie damals in der Geschichte von Joseph und seinen Brüdern.

„Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“

  • Mose 50,20)

Gott machte es auch hier wieder gut. Das leere Grab, die aufgeregten Frauen als die ersten Zeugen der Auferstehung. Die es weitererzählten: Jesus ist wieder da.

Und wieder feierten sie das Mahl.

Wieder erinnerten sie sich an den Weg Gottes mit seinen Menschen:

  • Der Auszug aus Ägypten,
  • der Weg durch die Wüste bis in das gelobte Land Kanaan
  • Die Geschicke im Land Israel, sein Aufstieg und Fall.
  • Die Sehnsucht des Volkes Gottes nach dem verheißenen König, der Frieden und Gerechtigkeit bringen solle.
  • Sie erzählten von Jesus aus Nazareth, der mit Vollmacht redete und handelte, dass sie ihn für Elia oder Mose hielten.
  • Sie erinnerten und erzählten von den Erlebnissen seiner Weggefährten und Gefährtinnen auf den Wanderungen durch Galiläa.

Wie er ihnen das Reich Gottes nahe gebracht hatte..

  • Von Zachäus und Bartimäus,von den Aussätzingen und der gekrümmten Frau.
  • Sie erinnerten sich an das letzte Passahmal mit Jesus.
  • An seinen Leidensweg, an seinen Tod und an seine Gegenwart über seinen Tod hinaus.
  • Die Sehnsucht nach dem Gesalbten, nach dem Kyrios, nach dem Christus hatte sich für sie in dem Nazarener erfüllt.

Und dann teilten sie wieder das Brot und den Becher mit Wein

Und spürten: In diesen Zeichen sind er und sein Leben enthalten. In diesen Elementen ist er spürbar nahe. Er ist lebendig bis heute, er ist für uns da. Er nährt unsere Hoffnung  und lässt uns das Reich Gottes schmecken. Er schenkt uns den neuen Anfang, Frieden, sein Heil.

B

Wir würden heute gerne miteinander das Tischabendmahl feiern, oder das Krankenabendmahl bei einem von Ihnen zu Hause. Fast so, wie die Jünger damals mit Jesus.

Heute müssen wir uns das einfach so vorstellen vor unseren inneren Augen:

  • Jede und jeder von uns ist gekommen mit seiner eigenen Geschichte, seinen eigenen Erfahrungen.
  • Erfahrungen, die sie mir ihrem Glauben gemacht haben, mit dem Weg, den Gott mit Ihnen und den sie mit Gott gegangen sind.

Manchen ist dieser Gott gerade heute ganz nahe. Manchen ist dieser Gott gerade heute ganz fern. Durch Jesus und Kraft des Heiligen Geistes sind wir miteinander verbunden und wir sind nicht mehr allein. In dieser geheimnisvollen  Gemeinschaft erinnern wir uns an Jesu Abendmahl mit seinen  Jüngern. An seinen Weg auf dieser Erde.

Lassen wir es uns zusagen: Jesus ist da, auch für uns. So wie er für Zachäus da war, macht er bis heute den neuen Anfang möglich. So wie er für Bartimäus da war, für die Aussätzigen, für die gekrümmte Frau, bringt er heute Freude in unser Leben, Versöhnung und Heil. Dass wir das an diesem Abend erfahren, darum bitten wir dich, Gott.

Amen.